Motif Alles fir d'Hémecht Lesung

Alles fir d'Hémecht?

mit Nora Koenig, Marc Limpach und Pitt Simon

musikalische Begleitung Pol Belardi

Textauswahl Marc Limpach

Eine Koproduktion des Kasemattentheaters und der BNL

Die erste Ausgabe der Tageszeitung Luxemburger Volksblatt erschien am 27. Mai 1933. Sie trug das Motto „Arbeit, Autorität, Heimattreue“. In einer programmatischen Erklärung „An unsere Leser!“ kritisierte das Volksblatt die politischen Systemparteien, gab sich heimattreu und polemisierte gegen Ausländer und Flüchtlinge. Hauptschriftleiter war Leo Müller, der von 1919 bis 1933 der Redaktion des Luxemburger Wort angehört hatte, ehe er das Volksblatt gründete. Der Kulturjournalist Eugen Ewert, der für die Literatur zuständige Redakteur, war daneben ebenfalls, ab 1935, Schriftführer der Gedelit, unter dem späteren Landesleiter der VdB, Damian Kratzenberg. Ewert verteidigte Mitte der 1930er Jahre die NS-Literatur gegen die der deutschen Emigranten, so dass ihm der Publizist Frantz Clément vorwarf, im Falle eines deutschen Überfalls, werde er wohl gleich zur Gestapo überlaufen. Hauptschriftleiter Müller benutzte das Volksblatt auch, um für die Parlamentswahlen von 1934 – die erste Wahlveranstaltung fand im März 1934 in Kehlen statt – und 1937, eine Nationaldemokratische Heimatbewegung zu gründen, so dass Müller schließlich auch ins Parlament gewählt wurde. Das Volksblatt schürt vor allem die Angst um den Bestand der Luxemburger Heimat in allen Bereichen, denn „wo die Bodenwurzeln der Bildung nicht in das Erdreich der Heimat eindringen, dorrt leicht alles Wachstum.“

Das Blatt wehrte sich vehement gegen den Vorwurf, national-sozialistisch zu sein, ganz klar bekannte es jedoch seine Sympathien für den belgischen Rexismus von Degrelle. In einer Pressepolemik schrieb der hellsichtige Frantz Clément bereits 1936, Müller wäre „von Anfang seiner Volksblattkarriere an, dazu bestimmt [gewesen], in die Hitlerei hineinzuschliddern.“

Das Luxemburger Volksblatt erschien nach dem deutschen Überfall noch bis zum 30. Oktober 1941 und warb für die Annexion „Heim ins Reich“. Müller arbeitete nach 1941 sehr fleißig bei der NS-Pressestelle des Reichspropagandaamtes. Ewert, der zusammen mit Jean Pétin, noch im März 1939 eine nationalistische Streitschrift unter dem Titel „Alles fir d’Hémecht“ herausgegeben hatte, wurde unter der NS-Besatzung Gründungsmitglied der VdB und, 1942, Mitglied der NSDAP – er erhielt als bedeutender NS-Kulturjournalist sogar das Verdienstkreuz des Kriegsverdienstordens. Auch sein Mitherausgeber Jean Pétin wurde 1942 Mitglied der NSDAP. Der Musiker und oberste Luxemburger Theatermann Emile Boeres, der sich in den 1930er Jahren entschieden gegen die angebliche Entfremdung der „rein luxembur-gischen“ Musik und Kultur einsetzte, unterzeichnete seine Briefe nach 1940 kurzerhand mit „Heil Hitler“ und arbeitet sehr eng mit dem Reichspropagandaamt zusammen. Frantz Clément, dem Müller, Ewert und Konsorten mangelnden Patriotismus vorgeworfen hatten, kam hingegen in die KZs Hinzert und Dachau und wurde 1942 von den Nazis vergast. Die ach so „heimattreuen“ Müller, Ewert und Pétin flüchteten im Sommer 1944 nach Deutschland… Nach Kriegsende wurden Leo Müller und Jean Pétin zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, Ewert zu fünf Jahren und Boeres starb noch vor der Befreiung Luxemburgs bei einem Fahrradunfall, bevor auch er als Kollaborateur verurteilt werden konnte.

Diese Lesung ist für Blinde und Menschen mit Sehbehinderung geeignet.

 

 

Logos Kasemattentheater und BNL

Vorführungstermine:

Donnerstag, 28. September um 20 Uhr