Motif Pol Michels

EXTREME

Vorführungstermine:

am 9. Dezember um 20 Uhr

Eine Lesung mit Texten von Pol Michels
mit Steve Karier
Musik Joint Venture Percussion Duo
Textauswahl Marc Limpach

eine Koproduktion des Kasemattentheaters mit dem CNL

“In der Rede wie in der Schreibe war Pol Michels, Genie für Spott und Hohn, nicht auf ein Leben ohne Feindschaften ausgerichtet. Aber sein Gedenken wird nicht nur den Freunden von einst verbleiben. Denn diese Heine-Gestalt unseres sonst so zahmen Schrifttums bleibt aus demselben nicht mehr wegzudenken”, schreibt Paul Weber bei Michels Tod im Jahre 1956. Von 1917 bis 1924 studierte Pol Michels Literatur und Rechtswissenschaften an den Universitäten Berlin, München, Paris und Nancy. Während seiner Berliner und Münchner Zeit zwischen 1916 und 1919 griff Pol Michels in die expressionistische Diskussion ein und war ein eifriger Zuträger mehrerer internationaler avantgardistischer Literaturzeitschriften. Aus dieser Zeit stammten seine Verbindungen zu Franz Pfemfert, Iwan Goll, Walter Rilla, Wieland Herzfelde und Julian Gumperz. Michels gehörte in Luxemburg ab 1917 zu einer aktivistischen Verbindung junger Luxemburger Intellektueller der Avantgarde, die sich unter der Bezeichnung Cénacle des Extrêmes zusammenfanden: “Und so erwarten wir Springlebendigen mit heißzuckendem Blute das Ende des Mordes, um endlich mitzuwirken an der großen, allesbefreienden Tat des Geistes: Lieber der Liebe, Haß des Hasses, Völkerfrühling, Morgenröte! Es lebe Europa!” In seiner Pariser Zeit trat Pol Michels um 1920 in Verbindung zu den Dadaisten und späteren Surrealisten. Pol Michels erwies sich bis 1922 als Anhänger des Futurismus, des Expressionismus, was sich in vielen Beiträgen in der linkspolitischen Studentenzeitschrift La Voix des Jeunes und in den Jahrbüchern der AGEL/ASSOSS niederschlug. Als Übersetzer expressionistischer deutscher Texte erschien er neben Clara Malraux in der Zeitschrift Action und fungierte als Korrespondent deutscher Literaturzeitschriften. Gleichzeitig griff er in Luxemburg in die politische und soziale Diskussion ein durch Veröffentlichung vieler Beiträge in den Organen der neugegründeten Kommunistischen Partei Luxemburgs. Nach seiner Rückkehr nach Luxemburg schrieb er in Les Cahiers luxembourgeois und vertrat in den 30er Jahren einen eher linksbürgerlichen Kurs. In seinem von Zynismus gekennzeichneten und von Autoren wie Erich Kästner und Joachim Ringelnatz beeinflussten Gedichtband Panorama (1933) wie in seinen der Neuen Sachlichkeit sich annähernden Erzählbänden zeichnete er ein sehr unkonventionelles Bild Luxemburgs. 1938 schreibt Frantz Clément über Michels Band Neue Geschichten: “Der Pol ist unser bester und unser liebenswürdigster Karikaturist, weil er das dumme, langweilige Leben, das sich um uns her zuträgt, partout nicht ernst nehmen will, da man sonst daran kaputt gehen müsse.” Nach dem Einmarsch der Deutschen 1940 blieb Pol Michels in seiner Funktion als Richter weiter tätig und wurde Mitglied der NSDAP. Nach der Befreiung Luxemburgs wurde ihm der Prozess wegen Deutschfreundlichkeit gemacht. Er wurde seines Amtes enthoben und zu einer Gefängnis- und Geldstrafe verurteilt, 1949 aber begnadigt. In dieser Lesung trägt Steve Karier Texte des Luxemburger Dichters Pol Michels, dem “Genie für Spott und Hohn”, vor, der von der linken Avantgarde nach dem Ersten Weltkrieg, über sein spezielles Genre der ironischen Heimatgeschichten, 1940/41 aus Angst vor Denunziationen und enttäuschender Schwäche in die Kollaboration mit der Nazibesatzung Luxemburgs im Zweiten Weltkrieg rutscht und am Ende seines Lebens nicht wieder richtig Anschluss an die Luxemburger Literaturszene findet.
Vgl. Gast Mannes: Pol Michels, in: www.autorenlexikon.lu